Beschluss RN/7100001/2019 des BFG

Sowohl § 9 EStG 1988 als auch § 14 EStG 1988 sehen Regelungen zur Abzinsung langfristiger Rückstellungen vor. Für die Bildung der beschwerdegegenständlichen Jubiläumsgeldrückstellungen sieht die Spezialnorm des § 14 EStG 1988 Besonderheiten vor. Die Beschwerdeführerin hatte aufgrund der Spezialregelung der Bildung der beschwerdegegenständlichen Jubiläumsgeldrückstellung nach § 14 Abs. 6 Z 6 iVm § 14 Abs. 12 EStG 1988 einen Rechnungszinsfuß von 6 % zugrunde zu legen, wohingegen langfristige Rückstellungen für sonstige ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften nach § 9 Abs. 5 EStG 1988 mit einem Zinssatz von 3,5 % abzuzinsen gewesen wären.

Das Bundesfinanzgericht hegt vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen in der anhängigen Beschwerdesache verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der unterschiedlichen Abzinsungsfaktoren von 3,5 % für die Bildung von langfristigen Rückstellungen nach § 9 Abs. 5 EStG 1988 idF BGBl I Nr 13/2014 und 6 % für die Bildung von Jubiläumsgeldrückstellungen nach § 14 Abs 12 EStG 1988 idF BGBl I Nr. 24/2007 iVm § 14 Abs. 6 Z 6 EStG 1988 idF BGBl I Nr 24/2007.

Der verfassungsgesetzliche Gleichheitssatz verbietet dem Gesetzgeber, Gleiches ungleich und Ungleiches gleich zu behandeln, wobei er ihm nicht verwehrt, sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlungen vorzunehmen. Der Gesetzgeber muss an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen knüpfen, wesentlich ungleiche Tatbestände müssen zu entsprechend unterschiedlichen Regelungen führen, weshalb Ungleichbehandlungen stets einer sachlichen Rechtfertigung bedürfen. Der Gleichheitssatz enthält ein „Verbot sachlich nicht gerechtfertigter Differenzierungen“ und ein allgemeines und umfassendes Sachlichkeitsgebot, dem jegliches Staatshandeln zu entsprechen hat.

Quelle:findok RN/7100001/2019